Blog Iranreise Oktober 2018

Yazd - das Gesicht der zarathustrischen Wüstenstadt

Freitag, 12. Oktober: von Luftbestattung und Zurchaneh

Nach einem reichlichen Frühstück geht es für uns los zu den Türmen des Schweigens etwas ausserhalb von Yazd. Die imposanten Türme ragen, sandfarben wie auch ihre Umgebung, weit in den Himmel hoch. Wir besteigen den höheren (es hat viel weniger Leute...) und sind froh, das Kopftuch in der heissen Sonne mal für kurze Zeit loszuwerden. Atemlos oben angekommen geniessen wir die wunderbare Aussicht über Yazd und die Wüste, man sieht ziemlich weit! Während uns der Wind ganz fein durch die Haare streicht erzählt uns Alexandra einiges über diese Türme. 

Als eine der ältesten Städte des Iran gilt Yazd als Hochburg des Zarathustrismus. Wie ihr schon im Artikel 'Feuer, Wasser, Erde, Luft' lesen konntet, ist der Zarathustrismus eine Naturreligion, das heisst die Natur ist extrem wichtig für dei Zoroastrier. Wir als Mensch nehmen und profitieren sehr viel von der Natur. Deshalb gaben die Zoroastrier der Natur etwas zurück. Die Toten wurden nach einer Zeremonie von einem speziellen Priester vor Sonnenaufgang auf diese Türme gelegt. Bei Sonnenaufgang kommen dann die Geier und fressen alles bis auf die Knochen ab. Die sauberen Knochen werden dann in eine Vertiefung in der Mitte gelegt. Das war ihre Art, der Natur einen Teil zurück zu geben. Auch war es die einzige Möglichkeit zur Bestattung, ohne dass eines der vier Elemente verunreinigt worden wäre. Eine Erdbestattung hätte wegen der hohen Temperaturen das Grundwasser und den Boden verunreinigt. Eindrücklich ist auch, wie diese Kultur mit dem Tod umgeht; so ganz anders als wir. Von klein auf wird man mit dem Tod konfrontiert, in gemeinsamen Trauerzeremonien verabschiedet man sich in Grossem Kreise, man weint und weint. Das ist aber nicht nur ein 'Massenweinen', sondern hat auch einen sehr positiven Einfluss auf die Psyche des Menschen und auf den 'Heilungsprozess'.

Nach dem (im Vergleich zum Aufstieg) ziemlich zügigen Abstieg (jaaa, wir haben unser Kopftuch wieder angezogen!) betrachten wir die Lehmhäuser am Fusse der zwei Türme, in denen die Abschiedszeremonien stattfanden und die Toten vorbereitet wurden. 
Ach ja, Alina hat sich ihres Kopftuches wieder entledigt...

...für ein spektakuläres Handstand-Foto: Da staunen wir alle!

Wir besuchen einen Zarathustriertempel und machen - schon wieder - ein Gruppenfoto...

...und noch eines vor dem heiligen Feuer, das seit dem Bau des Feuertempels niemals ausgegangen sein soll. Im benachbarten Museum lernen wir die wichtigsten Feste und Symbole des Zoroastrismus (falls ihr das noch nicht gemerkt habt; ist das gleiche wie Zarathustrismus...) kennen. 

Auf dem Weg in die Moschee werden Mäntel (dünne!!, denn es ist warm) anprobiert und Lücken in der Garderobe von bestimmten Reiseteilnehmern gefüllt...

In der Freitagsmoschee bestaunen wir die wundervollen blauen Muster und Ornamente...

...beobachten Kinder beim Fangis spielen in den niedrigen Gängen...

...einen Kunststudenten beim Zeichnen...

...ein Pärchen beim schlafen...

...und entdecken in der Kuppel - aber halt! - ein Hakenkreuz?! Natürlich nicht mit der gleichen Bedeutung, mit der die meisten von uns es sofort assoziieren. Denn Hitler hat dieses Kreuz nur übernommen und dessen eigentliche Bedeutung missbraucht. Denn eigentlich gibt es zwei dieser Swastikas: Das eine symbolisiert das Gute, seine Arme zeigen nach rechts. Das 'Schlechte' dreht im Gegenuhrzeigersinn. Und beide ergeben, bei schneller Rotation, einen undendlichen Kreis.

Alle freuen sich auf das versprochene WLAN im Café. Das mit dem Internet funktioniert dann doch nicht so ganz, dafür ist das Café beonders schön. Die einen drinnen, die anderen draussen im Schatten geniessen wir alle unseren Granatapfelsaft aus handgetöpferten Bechern, die wir sogar alle geschenkt bekommen! Die Hungrigen stillen das zweite unserer Grundbedürfnisse mit Hummus und Fladenbrot, die anderen geben sich mit unserem mitgebrachten Pick-nick zufrieden. Wir geniessen die atemberaubende Aussicht über Yazd, bis zur Wüste und sogar noch witer bis zu den Bergen. Zwischendurch ragt eine blau verzierte Kuppel hervor und bringt wunderschön etwas Farbe in diese sandfarbene Stadt. Im Lädeli dieses 'Kunsthauses' erfreuen sich einige an den handgemachten Kunstwerken, dem Schmuck, andere an der persischen Schönheit hinter der Theke :-)

Weil das Granatapfeltrinken ja soooo anstrengend war, gehen wir uns für ein Stündlein kurz ausruhen im Hostel, bevor wir in der Nähe des Amir Tschaqmaq das Haus der Kräfte besuchen. Wir haben keine Ahnung, was uns erwartet und sind dementsprechend überrascht, als wir nach einer Treppe abwärts in einem runden Raum unter einer Kuppel wiederfinden. Wir setzten uns mit vielen anderen Leuten um eine Art Manege, eine Vertiefung in der Mitte. Zu Gesang und Rhythmik zeigen Männer jeglichen Alters und Gewichts ihr Können und ihre Kraft. Der Respekt zwischen den sieben Sportlern sieht man nur allzugut, ein Sechzigjähriger wird genauso akzeptiert wie ein muskulöser Ende Zwanzigjähriger und einkleiner Fünfjähriger. Sie messen sich in Liegestützen, im Um-Sich-Selber-Drehen, im Keulen (?) schwinken und noch anderem. Varzesh-e-bastani, diese traditionelle Sportart wird schon lange ausgeübt. In diesen Zurchanehs trafen sich die Männer eines Quartiers und trainierten zusammen ihre Kraft. Diese Banden setzten dann ihre Stärke für die Gesellschaft, im Notfall auch gegen die Regierung, ein und waren auch teilweise an Herrschaftswechseln beteiligt.

Am leuchtenden Mond im dunkeln Nachthimmel über dem Amir Tschaqmaq sieht man gut, wie die Zeit vergeht...

...weil unser Znacht noch nicht bereit ist gibt es zuerst eine gemütliche, aber enge Teerunde. Am Buffet dürfen wir uns dann die Bäuche vollschlagen, denn wir brauchen noch Energie!

Ja, richtig! Unser Programm ist auch spätabends noch nicht fertig: Um 21 Uhr seht dann noch ein obligater Museumsbesuch auf unserem Pflichtprogramm... alle sind müde, niemand hat wirklich Lust und dementsprechend wird auch recht viel gelacht...

...besonders diese zwei lustigen Äffchen sorgen für viel Gelächter. Trotz Müdigkeit staunen wir immer wieder ab den teils kuriosen Ausstellungsobjekten in diesem Naturkundemuseum. Als Andenken bekommt jeder von uns ein Holztäfeli mit Datum und Name des Museums - für uns ohne grossen Nutzen, aber es ist eine sehr schöne Geste! 

Ziemlich müde fallen wir alle in unsere Betten, denn morgen heisst es früh austehen!

... Ah ja, ihr fragt euch sicher, weshalb es keine Bilder mehr gibt... das tut uns schrecklich leid, aber das Internet hier ist nicht so prickeln und ziemlich rar... die Bilder kommen allerspätestens, wenn wir wieder zurück sind! versprochen!

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